Peru - Was passiert und was hat das alles mit der Schweiz zu tun?
Seit den Ergebnissen der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Peru hat ein radikaler Sektor rechter Parteien versucht, das Wahlergebnis zu ignorieren, indem er es anfeuchtete und juristische Tricks anwandte, um den Amtsantritt des gewählten Präsidenten zu verhindern. In vielen der Einsprüche und Klagen wurde den Wählern von Pedro Castillo mangelndes "Gewissen" oder ihre indigene Zugehörigkeit vorgeworfen. Vom ersten Tag seiner Regierung an verbrachte dieselbe politische Klasse den grössten Teil ihrer Zeit im Parlament mit der Absetzung von Ministern und mit Anträgen zur Räumung des Präsidentenamtes der Republik.
Am 07. Dezember 2022 schienen die nötigen Mehrheiten im Parlament zu existieren, um ein Misstrauensvotum durchzuführen und zu gewinnen.
Der nun Ex-Präsident hat darauf kurzerhand das Parlament geschlossen, Neuwahlen ausgerufen und eine Verfassungsreform angekündigt. Dies wurde als Putschversuch interpretiert und er wurde daraufhin festgenommen und wegen Rebellion angeklagt. Er sitzt nun im Gefängnis. Seine Vizepräsidentin wurde danach als Präsidentin vereidigt.
Diese Tatsachen haben die eh schon angespannte Lage zur endgültigen Eskalation gebracht. Die indigene Bevölkerung, die sich durch Pedro Castillo vertreten fühlte, sind zu tausenden auf die Strasse und haben gegen die Festnahme protestiert. In einigen Städten wurden Flughäfen und Strassen blockiert.
Eine Chronologie nachzulesen hier.
Seit Dezember wurde immer wieder der Ausnahmezustand ausgerufen, politische Grundrechte wurden massiv eingeschränkt und die Armee wurde zur Niederschlagung der Proteste eingesetzt.
Seit Dezember sind nun über 50 Menschen ermordet worden, viele davon minderjährige. Der Grossteil der Ermordeten wurde durch Schusswaffen, unter anderem Scharfschützengewehre, durch gezielte Schüsse auf Brust und Kopf getötet.
Die Proteste werden mehrheitlich von der indigenen Landbevölkerung im Süden angeführt, diese indigenen Menschen leiden noch immer unter dem strukturellen Rassismus der Kolonialzeit. Sie fühlen sich von der Politik, die sich aus einer weissen Machtelite in der Hauptstadt Lima zusammensetzt, nicht repräsentiert.
Aktuellste Berichterstattung hier.
Was hat das alles mit der Schweiz zu tun?
Nun, die Schweiz ist bekanntermassen einer der grössten Rohstoffhandel Plätze der Welt. Peru ist einer der grössten Rohstofflieferanten der Welt. Peru ist eines der Länder, das am meisten Gold exportiert, ein Grossteil dieses Goldes wird in der Schweiz gehandelt. Eine der grössten Kupferminen der Welt (Glencore Antapaccay) befindet sich in Peru. Die Besitzerin Glencore ist in Zug zu Hause. Die Mine hat einen privaten Vertrag mit der Nationalpolizei aus Peru, und hat so eine de facto paramilitärischen Schutz in der Region.
Die Schweizer Bergbau-, Erdöl- und Rohstoffunternehmen kommen ebenfalls in den Genuss der Rückerstattung ihrer direkten Mehrwertsteuern, wodurch Peru eine wichtige Steuer Einnahmequelle entzogen wird.
Die Schweiz und Peru haben ein Freihandels- und Doppelbesteuerungsabkommen. Heisst die massiven Gewinne werden hier versteuert und Peru, insbesondere die lokale Bevölkerung, haben sehr wenig bis nichts davon.
In den letzten Tagen wurde die Glencore-Antapaccay Mine Ziel des Frustes der Bevölkerung und wurde von Protestierenden angegriffen.
Diese Woche war die Anführerin einer Frauenbewegung der ländlichen Frauen, Lourdes Huanca, in der Schweiz auf Besuch. Sie wurde von Carlo Sommaruga empfangen und konnte ihren Protest in das Bundeshaus tragen. Als sie das Bundeshaus verlas, wurde sie von Vertreter*innen der extremen peruanischen Rechten als Terroristin diffamiert.
Berichterstattung hier.
Was fordern wir?
Wir das sind Peruaner*innen in der Schweiz.
Wir fordern ein sofortiges Ende der massiven polizeilichen und militärischen Repression.
Wir fordern ein lückenloses Aufklären der begangenen Morde und die gerechte Bestrafung der Täter sowie deren Auftraggeber*innen.
Wir fordern den Rücktritt der amtierenden Präsidentin und Neuwahlen.
Wir fordern eine Verfassungsreform, ähnlich den Anstrengungen in Chile.
Wir fordern die Peruaner*innen in der Schweiz auf sich mit ihren Landsbrüdern und Schwestern zu solidarisieren.
Wir fordern die Solidarität der westlichen Bevölkerung, insbesondere der Schweizer Bevölkerung.
(Es kann nicht sein, dass gefühlt die Hälfte aller Schweizer*innen mir erzählen wie schön sie ihre Südamerika-Reise gefunden haben und wie ach so schön die Peruanische Kultur ist. Wenn aber die Menschen ermordet werden, die für diese Kultur verantwortlich sind, schlägt einem ohrenbetäubendes Schweigen entgegen!)
Was können wir tun?
Unsere Parlamentarier*innen können Druck auf Seco und EDA ausüben. Das Seco und EDA können und sollen wiederum Druck auf die Vertreter der Schweizer Wirtschaft in Peru ausüben. Ebenfalls kann und soll die Schweizer Vertretung der Botschaft Druck auf den peruanischen Staat und deren aktuelle Vertreter ausüben. Die politischen und wirtschaftlichen Verknüpfungen sind stark und können deshalb auch zum Druck ausüben genutzt werden.
Die Medien können das Geschehene beleuchten und die Schweizer Verbindungen aufzeigen.
Wir können den Opfer und den Protestierenden Gehör schenken und ihre Anliegen weitertragen.
Wir können politische Anliegen, wie die Konzernverantwortungsinitiative, unterstützen.
Bisherige Parlamentarische Abklärungen und Aktivitäten:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20123517
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20125195
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20143146
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20155250
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/2014/mm-apk-n-2014-10-09.aspx